„Unsere Mode ist so unerträglich hässlich“, das wusste schon der britische Dandy und Schriftsteller Oscar Wilde („Das Bildnis des Dorian Gray“), „dass wir sie alle Halbjahre ändern müssen.“ Schaut man sich bestimmte Fashion-Trends an, kommt man nicht umhin, ihm beizupflichten: die Plateaustiefel der Siebziger etwa oder die aufgekrempelten Jackettärmel mit pastellfarbenem Innenfutter der Achtziger, die Steiß-Tattoos der Neunziger oder die bis in die Gegenwart reichende Art, Jeans so zu tragen, dass die Boxershorts darunter in voller Schönheit erstrahlen – oder eben auch nicht.
Es gibt jedoch Ausnahmen. Arbeitskleidung besaß lange lediglich die Funktion, zu wärmen und den Dreck abzuhalten, eben praktisch und funktional zu sein – wie etwa die orangefarbenen oder knallroten Overalls, mit denen Hermes in den 1970er Jahren seine Zusteller ausstattete. Wobei – sie fielen auch auf, standen in durchaus kraftvollem Kontrast zu den blauweiß lackierten Fahrzeugen.
Ab 1988 führte Hermes mit den blauen Uniformen ein einheitliches und freundlicheres Erscheinungsbild aller Außendienstmitarbeiter ein: Eigene Hemden wurden entworfen, dazu Sommer- und Winterjacken. Diese Ausstattung wurde über die Jahre immer wieder variiert, mal waren die Blousons hellblau mit dunkelblauen Streifen, mal alles dunkelblau mit hellen Akzenten.
Die aktuelle Kollektion besteht inzwischen aus Basecap, T-Shirt, Polo-Shirt, Hose sowie den dazu passenden Jacken – alles in Dunkelblau mit leuchtend weißem Signet sowie Reflektorstreifen. Allein um die 45.000 Shirts bestellt Hermes jährlich. Der Einkauf achtet darauf, dass keine verbotenen Färbe- und Bleichmittel eingesetzt werden und dass die Kleidung schmutz- und farbbeständig ist, auch gegen Schweiß und UV-Einwirkungen.
Rechtzeitig zum 40-jährigen Jubiläum wird Hermes neue Arbeitskleidung einführen. Zum ersten Mal ist sie auch speziell für Damen zugeschnitten. Sie erinnert an ebenso schwungvolle wie pragmatische Outdoor-Kleidung, die immer mehr Menschen auch ästhetisch überzeugt. Mit der Kombination aus Dresdenblau, Ebony und Arctic Ice setzen die Uniformen neue Farbakzente. Die Kleidung differenziert darüber hinaus zwischen draußen und drinnen, ist winddicht, wasserabweisend und atmungsaktiv. Und sie ergänzt zudem die Garderobe um eine gepolsterte Microfleece-Weste mit hohem Stehkragen und reflektierendem 3-D-Print des Hermes-Schriftzuges als Warnschutz.
Zugegeben, auf die Modeschauen von Mailand oder Paris kommt man damit vermutlich nicht. Aber die Kleidung ist ja auch nicht für den Laufsteg gedacht, sondern für die Straße – Streetwear im wahrsten Sinne des Wortes.